Oberförster Ernst Zecha ist am 29. Juni 2017 im 99. Lebensjahr verstorben. Er war jahrzehntelang für die Lobau verantwortlich und ist dabei zur Legende geworden. Mit dem 1998 erschienenen Buch „Hirsche in der Lobau – Aufzeichnungen aus den Donauauen“ wurde er weit über sein Revier hinaus bekannt.
„Die Vorstellung, in einer Kanzlei zu versauern, war mir unerträglich; ich wollte draußen sein, wollte in der Praxis tätig sein, etwas anderes wäre überhaupt nie in Frage gekommen.“
Norbert Sendor, gemeinsam mit seinem Freund Franz Antonicek seit Anfang der 1950er-Jahre in den Donauauen als Tierfotograf unterwegs, erinnert sich:
„Meine erste Begegnung mit Ernst Zecha muss um 1960 gewesen sein. Es war jedenfalls kurz nachdem er die Lobau übernommen hatte. Der Antonicek Franzi und ich kannten das Revier bereits sehr gut, Zecha musste sich erst einarbeiten, was ihm aber schnell gelang.“
Ernst Zecha stammte aus einer Försterfamilie, in der schon der Urgroßvater, der Großvater und der Vater in diesem Beruf tätig waren. Er war auch ein leidenschaftlicher Jäger. Seine Laufbahn begann, als er im Alter von 15 Jahren die Aufnahmeprüfung in eine Höhere Forstlehranstalt bestand.
Sendor: „Zecha hatte zu Beginn sein Reich weitestgehend für sich. Der Antonicek Franzi und ich gehörten zu den wenigen, die ihm leichten Ärger bereiteten. Wir bauten uns nämlich verdeckte Ansitze zum Fotografieren. Aber so gut diese auch getarnt waren, nach wenigen Tagen waren sie zerstört, meistens abgebrannt. Wir wussten natürlich, wer sie zerstört hatte und Ernst Zecha wusste, wer sie gebaut hatte. Da er uns nie in flagranti erwischte, kamen wir ungeschoren davon.“
„Dieser Zustand war jedenfalls unbefriedigend und so schlug ich vor, mit ihm das Gespräch zu suchen. So trafen wir uns also und schlugen ihm einen Tauschhandel vor: Wir würden uns an seine Anordnungen halten, bekämen dafür aber die Erlaubnis, unsere Foto-Deckungen zu bauen und sie zu vereinbarten Zeiten auch zu benützen. Diese Vereinbarung hielt über Jahrzehnte.“
„In der Folge hatten wir ein gutes, später fast freundschaftliches Verhältnis zu unserem Oberförster. Ich glaube, dass wir fast mehr Privilegien hatten als der damalige Jagdpächter, dem Zecha offenbar sehr zusetzte.“
Wie sehr er mit seinem Revier und seinem Wild verbunden war, zeigt eine Episode, an die Norbert Sendor gut im Gedächtnis geblieben ist:
„Zecha war bereits lange in Pension und an die neunzig Jahre alt, als der Franzi und ich ihn sprechen wollten, jedoch nur seine Gattin erreichten. Sie sagte uns, während der Hirschbrunft sei ihr Mann natürlich bis weit über Mitternacht im Revier, sie würde ihn bestenfalls zum Mittagessen wiedersehen.“
In den Kreisen der Waldläufer und Naturfreunde galt Oberförster Zecha als „streng, aber sehr korrekt“.
Norbert Sendor: „Ich traf ihn einmal, als er gerade ein Paar abgemahnt hatte, das einen Kübel voll Weinbergschnecken gesammelt hatte. Er ordnete an, die Schnecken an die Fundorte zurück zu bringen und sie keinesfalls auf einem Fleck auszuschütten. Das Gespräch währte nur kurz und er verabschiedete sich gleich wieder, weil er noch prüfen müsse, ob die Leute seine Anordnung befolgen würden. Wenn nicht, würden sie eine Anzeige bekommen.“
Ernst Zecha radelte bis weit nach seinem 90. Lebensjahr auf einem alten Dienstfahrrad in Begleitung seines Hundes durch die Lobau.
Sendor: „Zu erwähnen ist noch, dass der Franzi und ich uns mit Zecha schon Gedanken über seinen hundertsten Geburtstag machten. Leider kam es nicht mehr dazu. Der Franzi verabschiedete sich schon lange vor der Zeit, Zecha kam immerhin bis in die Zielgerade.“